Mut zur Lücke – Eine wahre Veränderungsgeschichte -Teil 8-

Das erste Stand-up Meeting mit Herrn M und seinen Mitarbeitern war ein spannender Moment. Alle standen vor dem neuen Board, etwas unsicher, etwas gespannt. Für viele war es ungewohnt, ihre Arbeit, ihre Probleme und ihre Stimmung so offen zu zeigen. Doch genau darum ging es: Transparenz schaffen.

Jeder Mitarbeiter kam an die Reihe. Manche berichteten sachlich, andere etwas zögerlich. Schnell wurde klar: das Board funktionierte. Es half, den Überblick zu bekommen. Es half, Blockaden sichtbar zu machen. Und es half vor allem, gemeinsam Lösungen zu finden.

Herr M stand daneben, hörte aufmerksam zu, fragte nach, machte sich Notizen. Man spürte, dass er sich ernsthaft dafür interessierte, was seine Leute beschäftigte. Als ein Mitarbeiter ein Problem schilderte, das schon länger im Verborgenen schlummerte, fragte Herr M direkt: „Wie können wir das gemeinsam aus dem Weg räumen?“ – und er meinte es ehrlich.

Am Ende des Stand-ups blickten alle noch auf das Stimmungsbarometer am unteren Ende des Boards. Jeder setzte seinen Strich. Ein lachendes Smiley, ein neutrales oder ein trauriges. Es war erstaunlich, wie offen die Mitarbeiter damit umgingen. Für Herrn M war das ein kleiner Schock und zugleich ein großer Gewinn: Er konnte sofort sehen, wie es seinem Team wirklich ging.

Nach dem Meeting sagte er zu mir: „Das war anstrengend – aber auch unglaublich wertvoll. Ich habe in einer Viertelstunde mehr über mein Team erfahren als sonst in einem ganzen Monat.“
In diesem Moment wusste ich: Ein wichtiger Schritt war getan. Herr M begann, die wahre Kraft von Führung zu spüren – nämlich zuzuhören, nachzufragen und Hindernisse gemeinsam mit seinem Team aus dem Weg zu räumen.

Doch das war erst der Anfang. Jetzt galt es, das neue Ritual konsequent durchzuhalten – Tag für Tag, immer wieder. Nur so konnte es seine volle Wirkung entfalten….

Fortsetzung folgt …

Mut zur Lücke – Eine wahre Veränderungsgeschichte -Teil 3-

Teil 3: Die Angst vor der Kante

Es war ein Dienstagmorgen, als Herr M. zum ersten Mal offen über sich selbst sprach – nicht als Unternehmer, sondern als Mensch. Er saß mir gegenüber, die Schultern leicht eingesunken, der Blick in die Kaffeetasse gerichtet.

„Ich bin einfach zu weich“, sagte er leise. „Ich will es allen recht machen, aber am Ende zerreißt es mich.“

Dieser Satz kam unerwartet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich vermutet, dass es vor allem um das Geschäftsmodell ging, um Marktveränderungen und Zahlen, die nicht mehr stimmten. Doch an diesem Tag wurde klar: Die eigentliche Baustelle lag viel tiefer. Und sie hatte mit Herr M. selbst zu tun.

Er erzählte mir von den Spannungen im Team – wie die Mitarbeiter untereinander Fronten bildeten, wie kleine Reibereien zu Machtspielchen wurden, und wie er immer wieder versuchte zu schlichten, statt klar zu führen. Er hasste Konflikte. Ging ihnen konsequent aus dem Weg. Und wenn er doch eingriff, dann meist zu spät und zu vorsichtig, um noch etwas zu verändern.

„Ich will doch einfach nur, dass sie sich verstehen“, sagte er. „Aber sie nutzen das aus.“

Das Unternehmen lebte im Grunde von zwei, drei langjährigen Kunden. Wenn dort der Auftragseingang stockte – und das tat er mittlerweile öfter – stand schnell alles auf wackligen Beinen. Herr M. wusste das. Und doch schien ihm der Mut zu fehlen, Veränderungen wirklich einzuleiten. Vielleicht aus Angst, die letzten stabilen Säulen auch noch zu erschüttern.

Ich bin kein Psychologe. Und ich versuche auch nicht, einer zu sein. Aber was ich sehr wohl erkannte: Herr M. war in einer Rolle gefangen, die nicht zu ihm passte – oder zumindest nicht mehr. Er versuchte, das Chaos in seiner Firma mit Harmonie zu überdecken. Doch Harmonie lässt sich nicht herbeiwünschen. Sie braucht Klarheit. Haltung. Manchmal auch Konfrontation.

Was wir an diesem Tag begannen, war kein klassisches Business-Coaching. Es war ein Gespräch über Führung. Über Mut zur Kante. Und über das Loslassen von der Vorstellung, dass es ein Unternehmen ohne Konflikte geben kann.

Ich stellte ihm eine einfache Frage:
„Was wäre das Mutigste, das Sie diese Woche tun könnten?“

Er schwieg lange. Dann sagte er:
„Ich müsste Gespräche führen, die ich seit Monaten vermeide.“

Neue Wege gehen

Und plötzlich wurde aus Stillstand ein Anfang…